Istria100 - 105km Ultratrail
105km, 4500hm, geschätzte Dauer 20h...das sind die Rahmenbedingungen für das Vorhaben "Istria100", ein Ultratrail quer über die größte Halbinsel in der nördlichen Adria...


Start war am Freitag um 21:00Uhr, angereist bin ich mit meinem treuen Supporter Martin am Donnerstag via Kärnten. Nach ausgiebigem Carboloading (dazu zählen auch die zwei Leberkässemmeln um 10:00Uhr Vormittag!) war die Vorfreude auf Freitag merklich spürbar. Kamotes Einlaufen am Vormittag, ein Nickerchen zu Mittag und kroatische Spezialitäten am Nachmittag liesen die Zeit bis zum Start rasch vergehen.

Um 18:30 geht es dann mit dem Bus zum Start (Start war in Lovran, Ziel in Umag), 130 Starter nehmen die 105km lange Strecke um 21:00Uhr in Angriff.
Größten Respekt habe ich vor dem ersten Abschnitt, 1400hm auf 8km, vom Start weg steil bergauf. Nach 10 Minuten verfliegt aber alle Nervosität und die Konzentration auf den technischen anspruchsvollen Aufstieg übernimmt die Kontrolle, nach 2 Stunden bin ich am höchsten Punkt des Rennens angekommen...ein atemberaubendes Panorama breitet sich unter den Läufern aus, eine hell erleuchtete Kvarner Bucht auf der einen Seite, endlos erscheinende Weite in der anderen Richtung - in der das Ziel liegt, nur mehr 95km voraus.

Die Stunden in der Nacht vergehen sehr rasch, das Teilnehmerfeld zieht sich rasch auseinander trotzdem laufe ich lediglich zwischen 4:30Uhr und 6:30Uhr komplett alleine. Ansonsten findet sich immer eine Gruppe von 3-6 Läufern die sich den Lichtkegel der Stirnlampen teilen und gemeinsam durch die vom Mond erhellte Nacht traben. Geredet wird kaum, man will Energie sparen wo möglich...

Einen richtigen Energieschub hat dann der Anbruch des neuen Tages gebracht, mit dem immer heller werdenden Himmel, der aufkommenden Wärme des Tages und der näherkommenden "großen" Labestation bei km 53, wo warmes Essen und Umziehsachen auf mich warten, laufe ich sehr entspannt und bin erstaunt, wie problemlos die Nacht vorüber gegangen ist.

Nach einer Stärkung bei km53 (man kann zwischen 4 warmen Gerichten wählen, kriegt Suppe, Tee, Kuchen, Schinken, Käse...) bin ich sehr zuversichtlich, die restlichen 50km auch ohne gröbere Probleme zu bewältigen. Auch, weil der zweite Teil der Strecke wesentlich einfacher ist - zumindest lässt das Höhenprofil das vermuten. 3 km nach der Labestation habe ich dann das erste Mal richtigen Kontakt mit einem Laufkollegen. Ich komme mit einem Italiener ins Gespräch, offensichtlich ein Ultratrail-Lauf-Veteran (war 2 x beim UTMB dabei) und ein Irrer in den Downhills...glücklicherweise lasse ich mich nicht verleiten und laufe immer mein Tempo.

Nach weiteren 18km wartet die nächste Labestation (km71) mittlerweile ist es später Vormittag, die Sonne scheint und bei Mortadella, Käse und Cola plaudere ich mit einem Kärntner Teilnehmer bei der Labestation, der das Rennen an dieser Stelle leider aufgeben muss. Ich laufe nach ein paar Minuten weiter und rufe mal Martin an, der mir sagt, dass er mir auf den letzten 10 Kilometern entgegen läuft. Das wird dann so in ca. 5 Stunden sein. Fein denk ich mir, dh. ca. 2,5 Stunden bis zur nächsten Labestation, dann nochmal soweit und dann bin ich eh fast da...so verschieben sich die Relationen, in Anbetracht dessen was hinter mir liegt, erscheinen 2,5 Stunden als pipifax.

Körperlich zwickt das linke Knie beim Bergablaufen ein wenig, das kompensier ich aber durch einen leicht veränderten Laufstil...was mir einige Kilometer später ziemliche Probleme im linken Waden verursacht. OK, bin nun also bei km80 und ab jetzt wird Bergablaufen fast zur Unmöglichkeit...auf ebener Strecke ist es Kopfsache, kurz über den Schmerz drüber und schon geht's eh fast normal.
Glücklicherweise laufe ich seit ein paar Kilometern mit zwei Kroaten, wir unterhalten uns, scherzen und die Zeit vergeht ziemlich schnell. Kurz nach der letzten Labestation (km91) kann ich dem Tempo der beiden Kroaten nicht mehr folgen bzw. muss ich Bergab gehen und die Beiden laufen alleine dem Ziel entgegen.
Ein paar Minuten später erblicke ich jedoch das rote speed4need-Lauftrikot getragen von Martin am Horizont und habe plötzlich keine Schmerzen mehr. Die waren aber leider recht schnell wieder da und so haben wir für die letzten 10km dann doch über 1,5 Stunden gebraucht. Ohne Martin wären es wohl um einige Minuten mehr gewesen!

Was bleibt, ist eine herrliche Erfahrung und ein wahnsinnig tolles Erlebnis. Gehofft hatte ich auf eine Zeit unter 20 Stunden, geworden sind's 19:17h...und die Lust auf mehr!